Home Medizinische InformationenStudienSchramm: Praxis-Befragungen

Versorgungsforschung zur Nutzung der Praxis-EDV

Moderne EDV-Systeme bieten durch zahlreiche Funktionen zur Patient:innensteuerung die Möglichkeit, Arbeitsabläufe in der Praxis zu unterstützen. In einer Praxis-Befragung wurde untersucht, wie hoch die Arbeitsbelastung durch Rezepterstellungen in der täglichen Routine ist.1 Eine zweite Praxis-Befragung ging der Frage nach, in welcher Form die Möglichkeiten der Praxis-EDV zur Steuerung der Patient:innen genutzt werden.2

Arbeitsaufwand durch Single Pills geringer1

375 Medizinische Fachangestellte (MFA) in Allgemein- und Facharztpraxen in Deutschland wurden zwischen Dezember 2013 und Januar 2014 zu ihrem Arbeitsaufwand durch Rezepterstellungen befragt.

  • 69,9% der Befragten bewerteten den Verschreibungsprozess negativ.
  • 44,5%  der Befragten gaben an, dass die gleichzeitige Erstellung mehrerer Rezepte im Vergleich zu der Erstellung eines einzelnen Rezepts mehr Zeit in Anspruch nimmt.
  • Erbittet ein Patient oder eine Patientin die verschiedenen Rezepte zu verschiedenen Zeitpunkten, empfanden 81,5% dies als zusätzliche Arbeitsbelastung.
  • 202 der Befragten schätzen die benötigte Dauer für die Rezepterstellung im Mittel auf 4,8 Minuten.
  • Die Hälfte (51,5%) aller Befragten gab an, dass eine reduzierte Menge an zu erstellenden Rezepten, bspw. durch die Verordnung von Single Pill-Präparaten, Zeit sparen könnte (s. Abb.).

Modifiziert nach Ref. 1

  • FAZIT: Die vermehrte Verordnung von Single Pills könnte nicht nur Adhärenz und Prognose der Patient:innen verbessern, sondern auch zu einer Zeitersparnis im Praxisalltag führen.


Nutzung der Praxis-EDV noch hinter den Möglichkeiten2

Zwischen August 2018 und April 2019 wurden 274 niedergelassene Allgemeinmediziner:innen und hausärztlich tätige Internist:innen anonymisiert zur Nutzung der Praxis-EDV zur Therapieoptimierung befragt.

  • 93% der Befragten stellten die Therapie aufgrund vom Patient:innen geäußerten Nebenwirkungen um. 91% gaben an, aufgrund des aktiven Wunsches des Patienten bzw. der Patientin nach Therapievereinfachung die Therapie umzustellen und 84% gaben eine Non-Adhärenz nach ihrer eigenen Einschätzung als Grund an. Mehrfachnennungen waren möglich.
  • Die häufigste genannte Antwort bei der Frage nach Gründen für die Suche nach einer festen Wirkstoffkombination in einer Tablette war die Adhärenz und Zuverlässigkeit der Patient:innen (55%, s. Abb.). Die Leitlinien-Empfehlungen wurde bei dieser offen gestellten Frage nicht als Grund für eine Therapieanpassung genannt.

Modifiziert nach Ref. 2

  • Nur 8% der Befragten gaben an, die systematische Suche nach Wirkstoffkombinationen regelmäßig zu nutzen. Der Großteil nutzt diese Möglichkeit gelegentlich (53%) oder gar nicht (37%). 2% der Befragten nutzen die systematische Suche nur kurz vor der Abrechnung.
  • Nur 63% der befragten Ärzt:innen nutzen die Praxis-EDV zur Suche nach Patient:innen, deren Therapieschema vereinfacht werden könnte. Die Möglichkeit dieser Suche ist vielen Ärzt:innen womöglich nicht bekannt.
  • FAZIT: Die gezielte Suche in der Praxis-EDV nach festen Wirkstoffkombinationen muss stärker genutzt werden.

 

 

Referenzen:
1: Schramm et al. J Primary Health Care Gen Practice 2018; 2(3): 24
2: Schramm et al: Nieren- und Hochdruckkrankheiten, (48), 11, 2019: 570-571