Umsetzung der Hypertonie-Leitlinien im Praxisalltag – Ergebnisse einer Befragung unter Ärztinnen und Ärzten
Um zu untersuchen, welche Rolle Leitlinienempfehlungen bei Therapieentscheidungen spielen und nach welcher Rationale Antihypertensiva in der Hausarztpraxis eingesetzt werden, wurden fast 700 Hausarztpraxen in Deutschland befragt.1
- Knapp die Hälfte aller der Befragten (47,9%) schätzten die Effektivität der nicht-medikamentösen Blutdrucktherapie auf Basis ihrer persönlichen Erfahrungen im Praxisalltag als gering oder sehr gering ein.1
- Nur etwas mehr als jeder dritte (36,6%) schätze die Effektivität als hoch bzw. sehr hoch ein.1
- Dementsprechend therapierte die Mehrheit der Befragten (66,4%) nur weniger als ein Viertel ihrer Patient:innen mit einer leichtgradigen arteriellen Hypertonie ohne zusätzliche Risikofaktoren ausschließlich nicht-medikamentös.1
- Nach etwa vier bis sechs Monaten erhielten 90% der initial mit einer Lebensstiländerung behandelten Patient:innen eine medikamentöse Therapie.1
Strategien zur Erreichung des Zielblutdruckwertes
In einer Metaanalyse konnte gezeigt werden, dass die Blutdrucksenkung durch eine Kombinationstherapie in der Standarddosis besser erreicht werden konnte als es durch eine Dosisverdopplung der Monotherapie zu erwarten ist.2
- Trotzdem gab knapp die Hälfte der Befragten (45,6%) an, die Dosis nach zwei bis vier Wochen zu erhöhen, falls sich der Zielblutdruckwert durch eine initiierte medikamentöse Therapie als Monotherapie nicht erreichen lässt.1
- Nur etwas mehr als jeder Vierte (27,1%) gab an, nach demselben Zeitraum auf eine Kombinationstherapie zu wechseln.1
- Bei Nichterreichen des Zielblutdrucks durch eine lose Kombinationstherapie, erhöhten ca. 63% der Befragten die Dosen der Einzelkomponenten. Beinahe jeder Dritte (29,9%) ersetzte diese durch eine identische Fixkombination, eine Single Pill.1
- Dabei gab der Großteil aller Befragten (96%) an, die Vorteile einer Single Pill in der Verbesserung der Compliance zu sehen. 59% der Befragten sahen außerdem eine bessere Blutdruckkontrolle als Vorteil, gefolgt von einem verringerten kardiovaskulären Risiko (31,5%) (s. Abb.).1

Modifiziert nach Ref. 1
Therapieentscheidungen in der Praxis
Die zum Zeitpunkt der Befragung aktuelle Leitlinie aus 2013 empfahl bereits den Beginn einer Behandlung mit einer Kombinationstherapie bei Patient:innen mit hohen bis sehr hohen kardiovaskulären Risiko.3 Die aktuelle Leitlinie empfiehlt bei Hypertonie bis auf wenige Ausnahmen eine initiale Kombinationstherapie, die möglichst in einer Single Pill angeboten werden soll.4
- In der Befragung gab nur jeder Sechste der Befragten (16,7%) an, die Möglichkeit der Kombinationsbehandlung mit einem Single Pill zu nutzen.1
- Weitaus häufiger (68,2%) wird die medikamentöse Therapie mit einer losen Kombination initiiert und im Verlauf auf eine feste Kombination gewechselt.1
- Die Patient:innen könnten von den Vorteilen der Single Pill-Therapie profitieren, wie z. B. einer höheren Compliance und teils weniger kardiovaskulären Ereignissen im Vergleich zu einer losen Kombinationstherapie.5,6
- Die Therapieumstellung erfolgte in manchen Fällen auch aufgrund eines aktiven Wunsches der Patient:innen nach einer Therapievereinfachung.7
Referenzen:Referenzen:
1: Predel et al. J Edu Health Promot 2020; 9: 34. n=689
2: Wald et al. Am J Med 2009; 122(3): 290–300
3: Mancia G. et al. Eur Heart J 2013; 34(28): 2159–2219
4: Williams et al. 2018 ESC/ESH Guidelines for the management of arterial hypertension. European Heart Journal (2018) 39, 3021-3104
5: Gillessen et al. Nieren- und Hochdruckkrankheiten 2019; 48(11): 567-568
6: Weisser et al. Nieren- und Hochdruckkrankheiten 2019; 48(11): 566-567
7: Schramm et al: Nieren- und Hochdruckkrankheiten, (48), 11, 2019: 570-571